Wir ziehen eine Zwischenbilanz

Nummer: 1

Fragen und Antworten

Was ist die wichtigste Lehre aus der Katastrophe?

Bevölkerungsschutz muss eine nationale Gemeinschaftsaufgabe sein und entsprechend organisiert werden.

Ein zukünftiger Schwerpunkt des BBK ist die intensivere Zusammenarbeit mit allen Akteuren im Bevölkerungsschutz. Die zahlreichen Einsatzkräfte aus Bund und Ländern, die nach der Flutkatastrophe sofort zu Stelle waren, haben auf eindrückliche Weise deutlich gemacht, wie länderübergreifendes Teamwork funktioniert. Dies sollten wir uns auch in Zukunft zum Vorbild nehmen.

Was hat das BBK nach der Flut getan, um zu helfen?

In der Hochwasserlage hat das BBK umfangreiche Unterstützungsleistungen gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz und dem Kreis Ahrweiler angeboten und umgesetzt.

Das GMLZ erstellte täglich Lagebilder und koordinierte Einsatzkräfte und Hilfsgüter in die betroffenen Gebiete.

Über den Copernicus-Dienst konnten Luft- und Satellitenbilder für die Lageerkundung erstellt werden.

Der Lehrgangsbetrieb an der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung in Ahrweiler wurde sofort eingestellt und die Lehr- und Übungsräume wurden der Einsatzleitung Rheinland-Pfalz und allen weiteren Einsatzkräften zur Verfügung gestellt.

Kurzfristig konnten den Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sechs neue geländefähige Katastrophenschutzfahrzeuge zur Lageerkundung zur Verfügung gestellt werden.

Welche Lehren aus der Flutkatastrophe wurden bereits umgesetzt?

Die Flutkatastrophe und auch die Corona-Pandemie haben deutlich gemacht, dass die Kommunikation und Abstimmung mit allen beteiligten Akteuren im Bevölkerungsschutz bereits im Vorfeld routiniert stattfinden muss. Deshalb haben Bund und Länder vereinbart, ein Gemeinsames Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz (GeKoB) beim BBK zu errichten.

Alle zuständigen Akteure aus Bund und Ländern sitzen im GeKoB an einem Tisch. Durch den länderübergreifenden Austausch und damit auf Grundlage umfassenderer Informationen sind alle Beteiligten in einem leistungsfähigen Gemeinsamen Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz wesentlich besser auf unterschiedliche Lagen vorbereitet. Sie sind so in der Lage schneller und eng aufeinander abgestimmt zu handeln und können mit den gemeinsamen Ressourcen die Einsatzverantwortlichen vor Ort besser unterstützen. Für diese Zusammenarbeit in neuen Lagen von nationaler Tragweite ist das BBK mit seiner Neuausrichtung Motor und Plattformgeber.

BBK baut Warnung der Bevölkerung weiter aus

Die Neuausrichtung des BBK wurde im Koalitionsvertrag verankert. Dort heißt es: „Der Bund muss mehr Verantwortung für den Bevölkerungsschutz übernehmen. Daher richten wir das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe neu aus, entwickeln es unter Berücksichtigung der föderalen Kompetenzverteilung zur Zentralstelle weiter und stellen es entsprechend personell und materiell auf.“

Um die Bevölkerung effektiv vor Gefahren warnen zu können, baut das BBK den bestehenden Warnmittel-Mix weiter aus. Mit dem Sirenenförderprogramm des Bundes leistet das BBK einen wichtigen Beitrag, um im gesamten Bundesgebiet die Erschließung neuer Sirenenstandorte für eine optimierte Warnung der Bevölkerung voranzutreiben.

Mit der Einführung von Cell Broadcast als neuem Warnkanal wird sich die Warneffektivität künftig weiter erhöhen, da die Warnungen als Textnachricht an alle Mobiltelefone übertragen werden können.

Ist Deutschland heute besser auf derartige Ereignisse vorbereitet?

Ja.

Die Flutkatastrophe hat zahlreiche Prozesse ins Rollen gebracht: Viele Menschen arbeiten daran, die Ursachen, Folgen und Fehler der Flutkatastrophe zu analysieren und auszuwerten. Die Lehren aus der Flut gilt es dann umzusetzen.

Vieles ist aber bereits geschehen:

Bund und Länder werden im neuen Gemeinsamen Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz zukünftig noch enger zusammenarbeiten.

Insgesamt hat der Bevölkerungsschutz heute einen anderen Stellenwert als noch vor einem Jahr. Bürgerinnen und Bürger beschäftigen sich stärker mit den Themen Selbstschutz und Vorsorge. Die letzten zwei Jahre haben deutlich gemacht, dass auch Deutschland von großen Krisen betroffen sein kann, auf welche jeder und jede Einzelne vorbereitet sein sollte.

Wie können Sie sich besser vorbereiten?

Corona-Pandemie, Flutkatastrophe und Ukraine-Krieg zeigen uns allen aktuell deutlich, dass jede und jeder mit dem Unerwarteten rechnen muss. Das BBK bietet Broschüren und Informationen online an, wie sich Bürgerinnen und Bürger auf Krisensituationen vorbereiten können.

Die Ereignisse der letzten zwei Jahre machen deutlich, dass es unter anderem von Vorteil ist, einen kleinen Notvorrat zuhause zu haben oder einen Notfallrucksack mit den wichtigsten Unterlagen parat zu stellen. Wer vorbereitet ist, sitzt beispielsweise einen mehrtägigen Stromausfall entspannter aus und kann auch Familie, Freunden oder Nachbarn helfen. Denn im Falle einer Krise müssen die Einsatzkräfte natürlich erst einmal den Schwächsten der Gesellschaft helfen und zum Beispiel in Krankenhäusern oder Altenheimen vor Ort sein. Mit einer entsprechenden Selbstvorsorge schützt man also nicht nur sich selbst, sondern entlastet gleichzeitig auch die Einsatzkräfte.

Welche Baustellen gibt es im Bevölkerungsschutz und welche Projekte müssen als erste umgesetzt werden?

Wir haben in den letzten Monaten viele Bedarfe analysiert und bereits einige neue Projekte angestoßen.

Besonders wichtig sind zukünftig:

  • eine bessere Koordination in Form des Gemeinsamen Kompetenzzentrums Bevölkerungsschutz (GekoB),
  • eine bessere Warnung durch bestehende Warnmittel wie die Warn-App NINA und analoge Sirenen sowie das neue Warnmittel Cell Broadcast,
  • eine Sicherheitspartnerschaft mit der Bevölkerung mithilfe des Lagebildes Bevölkerungsverhalten,
  • mehr fachliche Qualifizierung durch eine Modernisierung unserer Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ),
  • und mehr Reserven vorzuhalten sowie ein entsprechendes Register anzulegen.

Statement des BBK-Präsidenten Ralph Tiesler

Ein Jahr ist seit der Flutkatastrophe vergangen. Die gröbsten Schäden mögen inzwischen beseitigt sein, der Schrecken der Flut ist es nicht. Wie viele Menschen durch das Erlebte schwer traumatisiert wurden, lässt sich kaum erahnen. Diese Katastrophe darf sich nicht wiederholen.

Wir im BBK haben uns mit den Ereignissen letzten Juli kritisch auseinandergesetzt und tun es auch weiter. Mit Blick auf Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe ist im vergangenen Jahr einiges in Bewegung gekommen. Die Flut und ihre verheerenden Schäden haben uns nicht nur geschockt, sondern auch viel angestoßen. Wir wissen heute, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen im Krisenmanagement nicht funktioniert hat. Das hat dazu geführt, dass viel zu spät gemeinschaftlich und übergreifend koordiniert wurde. Deshalb legen wir nun einen Schwerpunkt auf die intensive Zusammenarbeit aller Akteure im Bevölkerungsschutz. Wir brauchen ein szenario-unabhängiges, übergreifendes Denken und Handeln. Diese Zusammenarbeit muss Routine sein, damit alles im Krisenfall reibungslos läuft. Das gemeinsame Kompetenzzentrum von Bund und Ländern, das die Innenministerkonferenz gerade beschlossen hat, gibt der Zusammenarbeit im Bevölkerungsschutz einen größeren Stellenwert. Das BBK ist dabei der Motor eines immer dichteren Netzwerks im Bevölkerungsschutz.

Wir verbessern die Warnung der Bevölkerung mit dem Sirenenförderprogramm oder der Modernisierung der Warn-App NINA. Wir schaffen mit der neuen Resilienzstrategie eine bessere Grundlage für den Umgang mit künftigen Krisen. Wir sorgen mit der Bundesakademie für die nötige Qualifizierung der Fachkräfte. Und wir arbeiten daran, auch den Einsatz Freiwilliger effektiver koordinieren zu können. Denn das hat die Katastrophe von 2021 auch gezeigt: Das Engagement aller Helferinnen und Helfer ist bis heute überwältigend.

BBK-Präsident Ralph Tiesler